Buchbesprechung: Die Kinder von Bullabü

Leser erleben viele tausend Leben — Nichtleser nur eines.

"Die Kinder von Bullabü" von Astrid Lindgren

„Die Kinder von Bullabü“ von Astrid Lindgren

Das Buch „Die Kinder von Bullabü“ von Astrid Lindgren ist ein gutes Beispiel dafür, dass sich der Geschmack einer Person ändern kann, wenn sie älter wird. Eigentlich gehört Astrid Lindgren zu meinen liebsten Autorinnen. Ganz besonders gern habe ich die Abenteuer von Michel aus Lönneberga gelesen (der übrigens auf der ganzen Welt Emil heißt, außer bei uns in Deutschland), und „Ronja Räubertochter“, „Die Brüder Löwenherz“ und „Mio mein Mio“ lese ich heute noch.

„Die Kinder von Bullabü“ besteht aus drei Teilen: „Wir Kinder aus Bullerbü“, „Mehr von uns Kindern in Bullerbü“ und „Immer lustig in Bullerbü“. Laut Klappentext ist es nirgendwo so schön wie in Bullerbü! Es gibt in dem kleinen Dorf nur drei Höfe, und Lisa, Bosse, Lasse, Inga, Britta, Ole und die kleine Kerstin können dort herrlich spielen. Sie bauen Hütten, gehen auf Schatzsuche oder übernachten in der Scheune. Im Sommer angeln sie und fangen Krebse und im Winter laufen sie Schlittschuh und rodeln um die Wette.

Als Zehnjährige fand ich diese Geschichten unglaublich doof. Ich hatte (noch) keinen Blick für die poetische Sprache Lindgrens, und die Abenteuer der Kinder waren langweilig, verglichen mit dem, was meine Brüder und ich jeden Tag erlebten. Wir waren Kapitäne zur See, Räuber im finsteren Wald, Kobolde, Elfen, Prinzessinnen, wilde Reiterhorden, Reporter und vieles mehr, was unsere Fantasie uns einflüsterte. Ich kann mich bis heute nicht erinnern, dass uns je wirklich langweilig gewesen ist, obwohl wir manchmal so getan haben als ob, um die Eltern zu nerven.

Hey, dabei gab es in meiner Kindheit weder Computer (unser erster war ein gemeinsam gekaufter C64 mit Datasette, so einer Art Kassettenspieler als Datenspeicher. Programme musste man selbst abtippen), noch Handys, Spielekonsolen oder MP3-Player. Das Fernsehen fing gerade erst an bunt zu werden, und als Kinderprogramm gab es nur wenige Sendungen im Nachmittagsprogramm. Wie oft haben wir die vor lauter spielen versäumt. Wer von Euch glaubt, ohne diese Bequemlichkeiten auszukommen sollte es ruhig mal ein paar Tage testen. Es macht wirklich Freude, die eigene Fantasie zum Spielen zu nutzen. Da werden Kiefernzapfen zu Menschen, herabhängende Äste zu Hausdächern, leere Joghurtbecher zu Müslischalen und abgebrochene Stöcke zu Löffeln. Übrigens, Reifenschaukeln eignen sich hervorragend zum Tagträumen.

Ich denke durch die wenigen Beschreibungen meiner wirklich gelungenen Kindheit (danke, liebe Eltern) wird klar, warum mich Astrid Lindgrens Buch als Kind nicht begeistern konnte. Aus Liebe zur Autorin habe ich es viele Jahre später, als erwachsene Frau, noch einmal gelesen. Und siehe da, mit einem Mal erkannte ich die Genialität dieser Geschichten. Mir wurde bewusst, wie ungewöhnlich und wunderbar meine eigene Kindheit gewesen ist. Ich verstand, dass Astrid Lindgren dieses Buch für all jene Kinder geschrieben hat, die keinen Wald vor der Haustür haben, und die nicht in ihren Träumen in fremde Welten entfliehen können. Ja, ich habe begriffen, dass genau dieselben Gründe meine Begeisterung für ihre Bücher ausmacht. Man kann sagen, dass das Buch von Astrid Lindgren, das ich am wenigsten mochte, meine eigene Art zu schreiben am meisten beeinflusst hat. Wie sieht es bei Euch aus? Seid ihr von einem Buch oder einem/r Autor/in besonders geprägt worden? Oder gibt es eines, dass Ihr viel besser oder viel schlechter findet, als Eure anderen Lieblingsbücher? Erzählt es mir in den Kommentaren!
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