Wirklich beeindruckend war der rekonstruierte Häuserblock. Die neuen Häuser waren auf den Fundamenten der original römischen Häuser errichtet worden, aber mit einer Sicherheitstrennschicht, damit die Originale nicht zerstört wurden. Der ganze Häuserblock war von einem überdachten Fußweg umgeben. Der Boden dieses Fußwegs änderte sich von einem Haus zum nächsten, da jeder Hausherr seinen Bereich nach eigenen Vorstellungen gestalten durfte. Erlaubt waren verschiedene Pflasterungen und gestampfte Erde.
Der Besuch der Häuser ließ das Leben der damaligen Zeit vor meinen Augen lebendig werden. Jedes Haus hatte einen kleinen Garten mit einem Schuppen oder einem andern Häuschen darin. Diese Häuschen beherbergten die Toilette und Platz für die Sklaven, Werkzeuge und Lebensmittel. Im Haupthaus befanden sich die Räume der Familie im Obergeschoss. Das Erdgeschoss bestand zum größten Teil aus einem Laden, der zur Vorderseite des Hauses offen war. Nur eine Holztheke trennte ihn von der Straße.
Die Häuser wurden aus gestampftem Lehm gebaut und mit bunten Farben bemalt. Die meisten Dächer waren mit Dachziegeln gedeckt, nur ein paar der Schuppen trugen Holzschindeln. Interessant fand ich, dass keines der Häuser einen Schornstein hatte, obwohl es in jedem Zimmer eine offene Feuerstelle gab. Die Häuser der Reichen hatten sogar Fußbodenheizung. Ein Blick aus einem der hinteren Fenster oder vom Balkon ähnelt dem einer heutigen Reihenhaussiedlung: lange, schmale Gärten, Mauern (heute Zäune) zwischen den Grundstücken und Gras (manchmal mit Büschen) am Boden.
Die Räume der Familie im ersten Stock waren wunderschön dekoriert, aber spärlich möbliert. Römer liebten bunte Farben und regelmäßige Muster. Das Zimmer auf dem Foto war das Schlafzimmer einer ganzen biologischen Familie, vermutlich die des Hausbesitzers (in einer Ecke stand auch eine Wiege, die aber nicht auf’s Bild passte und die ich nicht verschieben wollte). Die Eltern schliefen im Doppelbett, die Kinder im Beistellbett und das Baby in der Wiege. Die Diener schliefen im gleichen Stockwerk in weniger auffällig dekorierten Zimmern. Jeder Römer hatte eine Truhe zur Aufbewahrung seiner Habseligkeiten.
Nur die Sklaven blieben nachts nicht im Haus. Sie schliefen auf einer erhöhten Plattform über wichtigen Werkzeugen und/oder Lebensmitteln. Alle Sklaven schliefen auf Matten auf derselben Plattform.
Ich fand es überraschend, wie viel Komfort die Römer bereits hatten. Ihr Lebensstil unterschied sich nicht so sehr von unserem. Wenn man an das Eisenzeitalter denkt, erwartet man nicht unbedingt diese Lebensumstände. Die wieder aufgebauten Häuser machten mir sehr deutlich, was die Deutschen aufgaben, als Armenius die Römer besiegte. Natürlich waren sie nicht unbedingt die besten Herren, und Freiheit ist wichtig. Dennoch hätte die Zivilisation, die sie mit sich gebracht hätten, vermutlich mein Heimatland so verändert, dass es heute noch Auswirkungen gäbe.
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